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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 30.11.2012


Ungarischer Parlamentarier fordert öffentliche Liste aller jüdischen BürgerInnen
Britta Meyer

Kaum zu glauben: der Abgeordnete der rechten Jobbik-Partei und stellvertretender Vorsitzender der außenpolitischen Kommission des ungarischen Parlaments, Marton Gyöngyösi, hat am 26. November...




... 2012 während einer Debatte über den Konflikt zwischen Israel und der Hamas verlangt, eine Liste von Jüdinnen und Juden zu erstellen – vor allem von denjenigen, die im Parlament und in der Regierung sitzen.

Denn die stellten angesichts des Gaza-Konflikts ein "Sicherheitsrisiko" dar, so Gyöngyösi wörtlich. Wie Spiegel Online am 28. November 2012 schrieb, distanzierte sich der Staatssekretär des Außenministeriums, Zsolt Németh, nicht ausdrücklich von der Forderung, sondern erwiderte nur, die jüdischen Mitglieder der Regierung hingen "mit dem schweren Konflikt im Nahen Osten nicht wirklich zusammen".

Als das Parlament am nächsten Tag wieder zusammen kam, erschienen einige Abgeordnete der Opposition demonstrativ mit einem gelben Stern auf der Brust. Auch vor dem Regierungsgebäude in Budapest hatten sich etwa 300 DemonstrantInnen versammelt, die gelbe Sterne trugen.

Wie auch in Deutschland häufen sich in Ungarn die offen antisemitischen Ausfälle – wie die ZEIT" erst Anfang Oktober 2012 berichtete, hatten zwei junge Männer Andras Kerenyi, den Vorsitzenden der jüdischen Glaubensgemeinde Budapest in der Öffentlichkeit angegriffen, ihn getreten und als "stinkenden Juden" beschimpft.

Gyöngyösis bekennend rechte Partei "Jobbik Magyarországért Mozgalom (Bewegung für ein besseres Ungarn)" hatte bei den Wahlen im Jahr 2010 bei den Wahlen 47 der Mandate für sich gewinnen können und ist damit aktuell die drittstärkste Partei im ungarischen Parlament: die rechtskonservative "Fidesz", hält aktuell 263 Sitze, die sozialdemokratische "MSZP" 59 und die ökologisch orientierte "LMP" nur 16 der insgesamt 386 Sitze. Die Regierung unter Viktor Orbán (Fidesz) erklärte zwar, Antisemitismus und Rassismus abzulehnen und die Rede Gyöngyösis zu "aufs Schärfste" zu verurteilen, Konsequenzen blieben von dieser Seite bisher jedoch aus.

Nicht, dass es in Deutschland sehr viel besser aussähe, als in Ungarn: wie der Bericht "Antisemitismus in Deutschland – Erscheinungsformen, Bedingungen, Präventionsansätze", der dem Bundestag Ende 2011 vorlag, zeigte, ist auch in Deutschland wieder ein deutlicher Anstieg antisemitischer Einstellungen zu beobachten. So ist jedeR achte Befragte der Meinung, dass Jüdinnen und Juden an ihren Verfolgungen eine Mitschuld trügen und fast 40 Prozent der Befragten sagen, dass heute lebende Jüdinnen und Juden versuchen, aus der Shoa persönliche Vorteile zu ziehen. Über ein Drittel der Interviewten setzt den Staat Israel mit Jüdinnen und Juden als Personen gleich und machten die "Politik, die Israel macht", dafür verantwortlich, "dass man etwas gegen Juden hat". 2008 setzten über 40 Prozent die israelische Palästinapolitik mit dem Holocaust gleich. Erst am 28. August 2012 wurde der Rabbiner Daniel Alter auf der Straße von vier bisher unbekannten Männern gefragt, ob er Jude sei. Als er dies bejahte, schlugen sie ihn vor Augen seiner sechsjährigen Tochter zusammen, brachen dabei sein Jochbein und drohten ihm damit, das Mädchen zu töten.

Gyöngyösi hat sich inzwischen bei Ungarns Jüdinnen und Juden, oder, wie er sie nennt, "jüdischen Landsleuten" entschuldigt und – wenig überraschend - erklärt, mensch habe ihn lediglich missverstanden. Er habe mit seiner Forderung "nur" eine Liste von BürgerInnen gemeint, die sowohl einen ungarischen, als auch einen israelischen Pass hätten.

Die Vereinte ungarische jüdische Gemeinschaft zeigte sich davon wenig beeindruckt und kündigte eine Klage gegen Gyöngyösi an.

Weitere Informationen und Presse zum Thema finden Sie unter:

Rassenwahn bei Ungarns Ultrarechten (Spiegel Online, 28.11.2012)

Jugendliche greifen jüdischen Funktionär an (Die ZEIT, 27.11.2012)

Wieder einmal Antisemitismus im ungarischen Parlament (HaGalil, 06.10.2012)

Juden als "Sicherheitsrisiko" (Jüdische Allgemeine, 28.11.2012)

Bericht "Antisemitismus in Deutschland – Erscheinungsformen, Bedingungen, Präventionsansätze" (2011)

www.amadeu-antonio-stiftung.de

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"Ich sehe was, was du nicht siehst. Meine deutschen Geschichten" von Anetta Kahane (2004)








(Quellen: Spiegel Online, ZEIT, Jüdische Allgemeine, HaGalil)





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Beitrag vom 30.11.2012

Britta Meyer